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Optimierung der Prostatakrebs-Früherkennung

Prostatakrebs ist eine häufige Todesursache bei Männern. Eine praxisverändernde Studie im Rahmen der Dekade gegen Krebs prüft, wie sich die Prostatakrebs-Früherkennung im Sinne einer weniger invasiven und sicheren Diagnostik verbessern lässt.

Das Prostatakarzinom ist in Deutschland die häufigste Krebsneuerkrankung und die zweithäufigste krebsbezogene Todesursache bei Männern. Wie eine Reihe anderer Krebsarten ist Prostatakrebs im frühen Stadium besser heilbar. Doch meist macht er sich dann noch nicht durch Beschwerden bemerkbar.

Das gesetzliche Krebs-Früherkennungsprogramm bietet Männern ab 45 Jahren kostenlos eine jährliche digital-rektale Untersuchung der Prostata an. Mit ihr können jedoch nur oberflächlich gelegene und größere Karzinome gefunden werden. Tumoren, die ungünstig liegen oder noch sehr klein sind, bleiben dabei unentdeckt. Daher beurteilen Fachexperten sie als alleinige Früherkennungsuntersuchung für nicht ausreichend.

Älterer Mann wird in die Röhre (hier: MRT) geschoben Älterer Mann wird in die Röhre (hier: MRT) geschoben
Ein neues Diagnosevorgehen unter Einbindung einer multiparametrischen Magnetresonanztomographie könnte die PSA-Früherkennung optimieren. © Getty Images/skynesher

PSA-Test

Vor- und Nachteile der bisherigen Früherkennung mittels PSA-Test

Möglicher Nutzen der PSA-Früherkennung
• Tumoren sollen in möglichst frühen, auf die Prostata begrenzten Stadien erkannt werden, damit
a) die Heilungschancen Betroffener verbessert,
b) eine weniger aggressive und damit komplikationsärmere Therapie benötigt,
c) und Männer vor dem frühzeitigen Tod durch Prostatakrebs bewahrt werden.

Möglicher Schaden der PSA-Früherkennung:
• Bei einem Teil der untersuchten Männer wird langsam wachsender (niedrig-gradiger) Krebs entdeckt, der zu Lebzeiten keine relevanten Beschwerden gemacht hätte und nicht behandelt werden müsste. Diese Männer werden mit der Diagnose unnötig belastet und erhalten u. U. eine überflüssige Behandlung, die Nebenwirkungen wie Impotenz und Inkontinenz haben kann.
• Das Testergebnis ist auffällig, obwohl kein Krebs vorliegt: Der getestete Mann wird unnötig beunruhigt und muss möglicherweise unnötige Folgeuntersuchungen (Biopsien) in Kauf nehmen.
• Nicht mehr heilbare Tumoren können vor Beschwerdeeintritt erkannt werden, so dass der Mann länger mit dem Wissen um eine unheilbare Erkrankung leben muss.

Aktuell sprechen sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sowie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) gegen die Einführung einer Reihenuntersuchung (Screening) aller (gesunden) Männer mittels  herkömmlicher PSA-Testung aus, da der Nutzen den potentiellen Schaden nicht aufwiegt.

Ärztinnen und Ärzte bieten zusätzlich oftmals einen so genannten PSA-Test als Selbstzahler-Leistung (IGeL) an. Ziel ist es, Prostatakarzinome in einem frühen Stadium zu entdecken, in dem der Krebs noch heilbar ist. Das Prostata-spezifische Antigen PSA ist ein Eiweißstoff, der im Körper fast ausschließlich in der Prostata gebildet wird. Krebszellen können bereits in sehr frühen Stadien der Erkrankung den PSA-Wert erhöhen. Allerdings gibt der Wert nur eine Wahrscheinlichkeit an: Prostatakrebs ist weder bei einem niedrigen PSA-Wert völlig ausgeschlossen, noch bei einem hohen Wert absolut sicher. Ein auffälliger PSA-Wert kann z.B. auch durch eine Entzündung, Reizung oder Vergrößerung der Drüse ausgelöst werden. Daher muss mehrfach zu verschiedenen Zeitpunkten getestet und das Ergebnis im Verlauf betrachtet werden. Ist der PSA-Wert auffällig, kann nur eine anschließende Gewebeentnahme (Biopsie) sicher zeigen, dass bösartiges Gewebe vorliegt. Hierzu wird eine Ultraschallsonde eingeführt und beim Erreichen des verdächtigen Areals werden Proben ausgestanzt.

Die mangelnde Verlässlichkeit des alleinigen PSA-Tests ist ein Grund, warum die Untersuchung nicht von den Kassen erstattet wird. Ein anderer ist, dass der Test erhebliche negative Auswirkungen wie unnötige Untersuchungen und Behandlungen inklusive möglicher Nebenwirkungen haben kann (s. Kasten).

Aktuelle Forschung für sichere Diagnostik

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Wie sich Vorsorge- und Früherkennungsverfahren auf das individuelle Risiko von Personengruppen abstimmen lässt, ist auch ein Thema der AG Prävention der Nationalen Dekade gegen Krebs.

Vielversprechende Ansätze zur Optimierung des Nutzen-Schaden-Potentials sieht das IQWIG in der Beschränkung der Biopsie auf Männer mit einem hohen Risiko (risikoadaptiertes Vorgehen) und in der Anwendung neuer Biopsie-Methoden (z.B. MRT-basiert).

Hier setzt eine der praxisverändernden Studien, deren zunächst siebenmonatige Konzeptphase das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs fördert: Die PRIMA-Studie will prüfen, ob mittels eines neuen Diagnose-Vorgehens eine Biopsie vermieden werden kann, ohne deshalb ein behandlungsbedürftiges Prostatakarzinom zu übersehen.

Ziel: Besseres Verhältnis von Vor- und Nachteilen

Multiparametrische MRT (MR-Prostatographie)

Die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT), erlaubt es, die Anatomie sowie die Zelldichte und Durchblutung der Prostata sehr genau zu beurteilen und Hinweise auf das Vorliegen von Krebs bekommen. Insbesondere klinisch relevante (potentiell lebenslimitierende) Prostatakarzinome können so erkannt bzw. bei negativem Befund mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden.

Mittlerweile ist die mpMRT fester Bestandteil der nationalen und internationalen Leitlinien und wird bei Männern mit auffälligem PSA-Wert oder klinischem Befund, insbesondere nach negativer Biopsie, empfohlen.

Die PRIMA-Studie vergleicht dazu multizentrisch an sechs Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) das bisherige Standardverfahren in der Prostatakarzinomfrüherkennung mit einer reduzierten, jedoch gezielteren Diagnostik mittels multiparametrischer Magnetresonanztomographie (mpMRT), um zu zeigen, ob damit gleichviele behandlungsbedürftige Karzinome gefunden werden. Gleichzeitig wird geprüft, ob Männer mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs mithilfe der mpMRT gar nicht mehr biopsiert werden müssten.

In der Studie wird Männern im Alter zwischen 50 bis 75 Jahren, bei denen sich ein erhöhter PSA-Wert zeigt und/oder die Tastuntersuchung einen Verdacht ergibt, zunächst eine mpMRT angeboten. Nur Männer mit MRT-Ergebnissen, die auf ein Prostatakarzinom hinweisen, werden im Anschluss biopsiert. Wohingegen Männer mit erhöhtem PSA-Wert und negativer (normaler) multiparametrischer MRT überwacht, aber nicht biopsiert werden. Im Studienarm mit dem neuen Ansatz erhalten die Männer mit auffälligem MRT-Befund nur zwei bis maximal sechs zielgerichtete Probenentnahmen der auffälligen Areale.

Probanden im Standardarm, erhalten dagegen eine zielgerichtete Biopsie der auffälligen MRT-Areale zusammen mit einer systematischen Fächerbiopsie der Prostata (bis zu 18 Probenentnahmen).

Entdeckt der neue Ansatz genauso viele klinisch signifikante Prostatakrebsfälle und werden so gleichzeitig weniger klinisch unbedeutende Prostatakrebserkrankungen diagnostiziert, könnte der Einsatz der Methode die Anzahl der Biopsien und somit die Belastung für Patienten reduzieren. Auch Überdiagnosen von klinisch nicht bedeutendem Prostatakrebs ließen sich so verringern.

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