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5 Fragen an Michael Baumann

Professor Michael Baumann vertritt als Ko-Vorsitzender des Strategiekreises der Dekade gegen Krebs das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Nach zwei Dekaden-Jahren zieht er Bilanz und erklärt, was das Bündnis bereits erreicht hat.

Professor Michael Baumann ist Ko-Vorsitzender des Strategiekreises der Nationalen Dekade gegen Krebs. Nach zwei Dekaden-Jahren zieht er Bilanz und erklärt im Interview, welche Ergebnisse des Bündnisses die Krebsforschung nachhaltig verbessern werden.

Herr Baumann, welche Ergebnisse der ersten zwei Jahre Nationale Dekade gegen Krebs sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten und was bedeuten sie, um Krebs die Stirn zu bieten?

Zum einen ist hier der Ausbau des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) zu nennen. Durch die Etablierung weiterer Standorte wird die wissenschaftsgetriebene translationale Forschung gefördert und die nationalen Potenziale werden gehoben. Das bedeutet, dass Erkenntnisse schneller bei den Patientinnen und Patienten ankommen und in Produkte überführt werden können. Der NCT-Ausbau ist eine langfristige Strategie für die langfristige Herausforderung Krebs.   

Zum anderen sind die Entwicklungen im Bereich Krebsprävention zu nennen. Die Bedeutung von Prävention und Präventionsforschung hat deutlich zugenommen und es setzt sich zunehmend ein Bewusstsein dafür durch, welches Potenzial hier vorhanden ist. Durch Primärprävention können bis zu 40 Prozent der Krebsneuerkrankungen vermieden werden – damit kann jede und jeder Einzelne sein persönliches Risiko senken, das Gesundheitssystem mit seinen beschränkten Ressourcen wird weniger belastet. 

Sind Sie mit dem Erreichten und dem Arbeitstempo in der Krebsdekade zufrieden und gibt es für Sie nach den ersten zwei Jahren auch eine persönliche Erkenntnis?

Ich denke, wir können sehr positiv auf die letzten zwei Jahre zurückblicken. Trotz der nicht einfachen Rahmenbedingungen während einer Pandemie haben die Gremien auch in 2020 hochmotiviert gearbeitet. Das BMBF hat in der Steuerung der Dekade sehr gute Arbeit geleistet und es wurden verschiedene Förderinstrumente veröffentlicht. Dafür sind wir sehr dankbar. Auch international gab es viel Aufmerksamkeit für diese einzigartige Initiative. Nun gilt es, die geplanten Projekte umzusetzen und weiter an den Herausforderungen zu arbeiten.

Für mich persönlich war besonders beeindruckend, wie die verschiedenen Beteiligten ihre Perspektiven zusammengebracht haben, um gemeinsam ein Ziel zu verfolgen.

Aus Ihrer Sicht als Ko-Vorsitzender des Strategiekreises der Nationalen Dekade gegen Krebs: Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit vielen unterschiedlichen Perspektiven und Expertisen der Mitglieder im Strategiekreis wahrgenommen und ist hier eine Entwicklung festzustellen?

Von allen Beteiligten wird es als sehr wertvoll angesehen, dass das BMBF und das BMG von Anfang an alle relevanten Akteure mit eingebunden haben. Dadurch konnte ein gemeinsames Verständnis geschaffen werden, die verschiedenen Interessenlagen wurden besser verstanden. Das ist eine unverzichtbare Grundlage, um nationale Herausforderungen wie die Bekämpfung von Krebs anzugehen und zu meistern.

Wie zahlt sich die Einbindung von Patientenvertretenden in allen Gremien des Bündnisses aus?
Ziel der Krebsforschung ist es, dass die Ergebnisse bei den Betroffenen ankommen und sie davon profitieren können. Durch die Einbindung der Patientenvertretungen ist eine 360-Grad-Betrachtung der Krebsproblematik möglich. Es können sich Prioritäten verschieben und andere Themen rücken in den Mittelpunkt. Diese umfassende Betrachtungsweise hat in Deutschland vergleichsweise erst recht spät Einzug gehalten, dafür sind wir jetzt umso besser aufgestellt.

Am Schluss noch ein kurzer Ausblick: Welche wissenschaftlichen Neuerungen oder Entdeckungen zeichnen sich aus Ihrer Sicht am Horizont der Krebsforschung in den nächsten Jahren ab?

Die Potenziale der Krebsprävention werden die Krebsforschung stark prägen. Hier gibt es noch viel Forschungsbedarf – gerade auch in der Grundlagenforschung – um beispielweise besser zu verstehen, wie Infektionen, Entzündungen und Krebs zusammenhängen. Immuntherapien haben in den letzten Jahren die Krebsbehandlung teilweise revolutioniert und wir erwarten in Zukunft noch weitere Innovationen auf diesem Gebiet, z.B. möglicherweise weitere Impfungen gegen Krebs. Auch vom Nachweis kleinster Mengen an Tumorerbgut im Blut – der sog. Liquid Biopsy – versprechen wir uns deutliche Verbesserungen, z.B. beim Therapie-Monitoring oder sogar bei der Tumordiagnostik. Ich gehe zudem davon aus, dass der Bereich Data Science und die Nutzung von digitalen Technologien und Smart Devices in den nächsten Jahren weiter eine große Rolle spielen wird.

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