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5 Fragen an Christa Maar

Christa Maar vertritt im Strategiekreis der Dekade gegen Krebs den Dekaden-Partner Felix Burda Stiftung. Sie setzt sich dafür ein, dass die Krebsprävention stetig verbessert wird und sich der Vorsorgegedanke im Bewusstsein der Menschen verankert.

Dr. Christa Maar vertritt im Strategiekreis der Dekade gegen Krebs den Dekaden-Partner Felix Burda Stiftung. Sie setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, dass die Krebsprävention in Deutschland verbessert wird und sich der Vorsorgegedanke im Bewusstsein der Menschen verankert.

Frau Maar, Sie sind Mitglied im Strategiekreis der Nationalen Dekade gegen Krebs. Welche sind für Sie die dringlichsten Themen dieser Initiative?

Zunächst einmal finde ich es wichtig, dass der Prävention in der Nationalen Dekade gegen Krebs endlich eine zentrale Rolle zugewiesen wird. Es wird also nicht mehr ausschließlich auf Innovationen in der Therapie gesetzt, wie das lange der Fall war, sondern auch die Prävention gestärkt und innovativ weiterentwickelt.

Für einige Krebsarten gibt es schon effektive Vorsorgemöglichkeiten, die aber zu wenig genutzt werden, da es in unserem Gesundheitswesen gegenwärtig wenig Interesse gibt, die entsprechenden Angebote zu bewerben und nutzbarer zu machen. Für diejenigen Krebserkrankungen, für die es noch keine Vorsorgemöglichkeiten gibt, müssen diese entwickelt werden. Daran führt kein Weg vorbei, wenn wir bei der Bekämpfung von Krebs einen wichtigen Schritt weiterkommen wollen. Vor allem müssen präventive Angebote so gestaltet sein, dass sie bei den Zielgruppen ankommen. Das sehe ich als dringliche Aufgabe der Arbeitsgruppe Prävention an.

Wie greift die AG Prävention, deren Themenpatin Sie sind, diese Thematik auf?

Wir werden uns zunächst auf die Krebserkrankungen mit hohen Raten an Neuerkrankungen konzentrieren: Brust-, Prostata-, Darm- und Lungenkrebs, weil es für diese zahlenmäßig den größten Bedarf für effektive, präventive Möglichkeiten gibt. Hier müssen Beispiele definiert werden, an denen sich zeigen lässt, wie sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse für die Einführung von risikoadaptierter Vorsorge nutzen lassen. Denn wie bei der Therapie wird man auch bei der Prävention vermehrt zu personalisierten Ansätzen kommen müssen. Dafür ist die fächer- und länderübergreifende Vernetzung innovativer Forschungseinrichtungen essentiell.

Sind es Ängste, die Menschen – trotz besseren Wissens – davon abhalten, Krebspräventionsmaßnahmen zu ergreifen?

Die Angst vor der Darmspiegelung und einer möglichen Krebsdiagnose spielt sicher eine Rolle, das belegen viele Umfragen. Das lässt sich nur ändern, indem man die Menschen besser über den Nutzen der Krebsvorsorge aufklärt. Das geschieht gegenwärtig leider noch zu wenig. Man muss sie vor allem dort abholen, wo sie mit ihrer Gesundheitskompetenz stehen, und die ist laut einer Studie der Universität Bielefeld bei über der Hälfte der Bevölkerung eingeschränkt. D. h. dieser Teil der Bevölkerung kann den Sinn von Texten und statistischem Zahlenmaterial, mit denen in Informationsbroschüren oft gearbeitet wird, nicht wirklich erfassen oder auch gänzlich falsch verstehen. Viele haben beispielsweise bisher nicht Sinn und Zweck von Darmkrebsvorsorge begriffen. Ein studentisches Forschungsprojekt hat kürzlich von einem Drittel der Befragten die Antwort erhalten, zur Darmkrebsvorsorge müsse man erst gehen, wenn man Symptome hat.

Die Aufklärung der Bevölkerung über Fortschritte in der Krebsforschung und -versorgung ist ein wichtiges Ziel der Dekade. Welche Erfahrungen kann Ihre Stiftung hier einbringen?

Um durch Kommunikation Verhaltensänderungen in der Gesundheitsförderung zu bewirken, benötigt man langfristige Strategien. Einmalige Schnellschüsse bringen nichts. Am besten stimmt man das Kommunikationskonzept auf den persönlichen Nutzen ab, den man von der Teilnahme an innovativen Vorsorgeangeboten hat. Denn diese sollten ein wichtiges Ziel der Nationalen Dekade gegen Krebs sein. Krebs ist in der Vorstellung der Menschen hauptsächlich mit Leid und Tod verbunden. Diese Vorstellungen muss man durch positive Bilder ersetzen.

Die meisten sind im Familien- oder Bekanntenkreis irgendwann schon mit Krebs in Berührung gekommen. Was sie am meisten interessiert sind positive Nachrichten wie die, dass es innovative neue Ansätze gibt, um Krebs zu einer beherrschbaren Krankheit zu machen. Anders verhält es sich mit der Prävention. Es ist schwer den Menschen klar zu machen, dass Prävention bedeutet, dass man zur Untersuchung geht, bevor sich Symptome zeigen. Das klingt für manche vermutlich so, als sei die Untersuchung überflüssig. Erschwerend kommt hinzu, dass der Nutzen der Prävention sich erst in der Zukunft zeigt. Bei der Prävention muss man auf andere Tonalitäten, Erzählstile und vor allem stete Wiederholungen setzen. Wir lernen hier auch ständig dazu und machen aktuell sehr gute Erfahrungen mit Tutorials auf TikTok, einer Internet-Plattform, auf der man kurze Videos einstellen kann.

Ein Blick in die Zukunft: Wie sieht Krebspräventionsforschung im Jahr 2029, am Ende der Nationalen Dekade aus?

Ich hoffe, dass wir sehr bald dazu kommen, Daten von Krebserkrankten dafür nutzen zu können, um individuelle Risikofaktoren für die wichtigsten Krebserkrankungen zu erkennen. Das wäre dann der Beginn risikoangepasster Krebsprävention. Mit dieser ließen sich vermutlich sehr viel mehr Krebserkrankungen verhindern, als dies mit den gegenwärtig praktizierten Screening-Programmen möglich ist. Offenbar sind viele Menschen bereit, ihre Krankheitsdaten für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Die Politik ist aufgerufen, hierfür geeignete Rahmenbedingungen schaffen.

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